Meine Heimatstadt wird auch die „Stadt der vier Tore“ genannt, aus dem ganz einfachen Grund, weil sie eben noch vier sehr gut erhaltene gotische Stadttore hat. Welche das Bild des Stadtkerns
prägen.
Zugegeben ich habe bei den alljährlichen Besuchen als Schulkind im Regionalmuseum unserer Stadt nicht wirklich aufgepasst, deswegen hole ich das jetzt nach und habe ein paar Daten und Fakten
zusammengetragen.
Als Kreisstadt des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte in Mecklenburg Vorpommern ist meine Heimatstadt die drittgrößte Stadt des Bundeslandes. In Nordeuropa ist Neubrandenburg die Stadt mit
der besterhaltensten mittelalterlichen Stadtbefestigung.
Was geschah im Mittelalter?
Neubrandenburg wurde am 04.Januar 1248 gegründet. In einer Urkunde von Markgraf Otto III. von Brandenburg aus dem Jahre 1261 findet sich der erste Hinweis zur Errichtung einer Wehranlage, vorerst
aber nur provisorisch und aus Holz. Der erste Schutzgürtel bestand in seinen Materialien aus Erde, Holz und Wasser und wurde mit Erdwällen und Wallgräben gebaut. Bald bot diese Konstruktion nicht
mehr genügend Schutz für die Bürger der Stadt und so wurde mit dem Bau einer sicheren Steinmauer begonnen. Dies geschah um 1300, so die Vermutung der Wissenschaftler, welche umfangreiche
Untersuchungen der heuteigen Mauer vornahmen.
Etwa zeitgleich wurde auch mit dem Bau der drei Stadttore begonnen. Zudem wurden 54 Wiekhäuser auf die Mauer gesetzt um die Wehrhaftigkeit zu verstärken. Zu guter Letzt erhielt Neubrandenburg
noch zwei Türme, welche die Mauern überragten. Zu den drei Stadttoren wurde zu späterem Zeitpunkt ein viertes errichtet. Ebenso wurde bereits der Wasserversorgung gedacht. Etwa 1298 fiehl
Neubrandenburg, zusammen mit der Herrschaft Stargard, in die Hände der Mecklenburger, blieb aber dennoch wichtiger Zentralort. Seit dem Spätmittelalter gehörte Neubrandenburg, neben Güstrow und
Parchim zu den wichtigsten Verwaltungszentren in Mecklenburg.
Im 14. und 15. Jahrhundert war die Stadt Hauptresidenz des (Teil-) Herzogtums Mecklenburg-Stargard und hatte unmittelbaren Einfluss auf die Landesverwaltung, ihre Bürgermeister zählten im
altmecklenburgischen Ständestaat zu den ranghöchsten Politikern.
Was geschah im 17. bis 19. Jahrhundert?
Im Jahr 1631 wurde die Stadt durch General Tilly’s Truppen erobert und verwüstet. Hunderte Menschen wurden gefoltert, gequält und ermordet, Kirchen und Wohnhäuser ausgeraubt und zerstört. Die
Stadt und ihre Bevölkerung erholten sich nur schwer von den Ereignissen.
Mehr als ein Jahrhundert verstrich bis sich die Stadt und ihre Bürger von den Kriegsfolgen des Dreißigjährigen Krieges erholten.
In den Jahren 1676 und 1737 wurden große Teile der historischen Bausubstanz durch Brände zerstört. Seit Ende der 1730er Jahre entstanden alle nun mehr markanten Gebäude, die neben den
mittelalterlichen Wehrbauten und Kirchen das Bild der Altstadt bis 1945 prägten. Nach der Aufhebung der Tor- und Zollsperre im Jahre 1864, erhielt Neubrandenburg ebenso eine Bahnanbindung, somit
war es einfacher Baumaterialien zu transportieren und es wurden alte Fachwerkbauten saniert oder durch Neubauten ersetzt. Dabei waren die Bauherren immer darauf bedacht die mittelalterlichen
Wehrbauten instand zu setzten und diese für die Nachwelt zu erhalten. Ihrer Denkmalpflege ist es zu verdanken, dass Neubrandenburg die beste und vollständigst erhaltene mittelalterliche
Wehranlage in ganz Norddeutschland präsentieren kann.
Was geschah im 20. Jahrhundert?
Auch die Schrecken des zweiten Weltkrieges und der Zeiten davor sind nicht an der Stadt vorbeigegangen. So wurden beispielsweise in der Nacht vom 31.Mai zum 01.Juni 1933 auf dem Marktplatz Bücher
verbrannt, welche nicht den „Wertvorstellungen“ der Partei entsprachen.
Viele jüdische Familien verließen Neubrandenburg, jedoch blieben 15 Einwohner dort. Doch spätestens in der Reichspogromnacht (1938) als ein SA-Mann die Synagoge in Brand setzte, sahen sie sich
einer nie geahnten Gefahr ausgesetzt. Ab dem Jahre 1933 wurde Neubrandenburg zunehmend als Militärstandort ausgebaut. So entstand 1936 der Fliegerhorst Trollenhagen, im Süden der Stadt 1938 die
Panzerkasernen und 1940/1941 die Torpedoversuchsanstalt an und auf dem Tollensesee. Mit dem Bau neuer Rüstungsbetriebe und dem somit erschaffenen Arbeitsplätzen, stieg auch die Einwohnerzahl zu
diesem Zeitpunkt.
Ebenso entstand zu Kriegsbeginn 1939 im heutigen Stadtteil Fünfeichen unweit der bereits erwähnten
Panzerkasernen ein Kriegsgefangenenlager der deutschen Wehrmacht. Erst wurden in dem Lager polnische Kriegsgefangene untergebracht, später erweiterte man das Lager im Südteil um auch
sowjetische Kriegsgefangene unterbringen zu können. Insgesamt bestand das Lager aus 35 Kriegsgefangenenbaracken und war im März 1945 mit rund 10.100 Gefangenen belegt. Durch die
Evakuierung anderer Lager wuchs die Zahl der Gefangenen auf ca. 15.000 an. Am 28. April 1945 wurde das Lager durch sowjetische Panzerverbände befreit.
Aufzeichnungen belegen, dass insgesamt rund 120.000 Gefangene aus elf Nationen das Lager durchliefen. Laut Angaben der Gedenkstätte verstarben im Lager ungefähr 6000 sowjetische
Kriegsgefangene und etwa 500 Kriegsgefangene der westlichen Alliierten.
Von 1945 bis 1948 nahm die sowjetische Besatzungsmacht wiederum über 15.000 politische Gefangene auf dem Gelände.
1993 wurde am ehemaligen Lagereingang ein Denkmal errichtet um der Toten zu Gedenken. Knapp 6 Jahre später wurden 59 Bronzetafeln eingeweiht, welche die Namen der Toten tragen.
Diese Tafeln
wurden 2015 im Netz veröffentlicht.
Zur Arbeit in den Rüstungsbetrieben wurden im April 1943 200 weibliche Gefangene aus dem KZ Ravensbrück deportiert, welche im damaligen Barackenlager Ost in der Ihlenfelder Vorstadt
„untergebracht“ wurden. Dieses wurde zum größten Außenlager des KZ Ravensbrück ausgebaut und fasste im August 1944 circa 5.000 weibliche Gefangene.
Zu diesem Lager wurde in einem Waldgebiet zwischen Neubrandenburg und Neustrelitz ein weiteres errichtet, hier sollte unterirdisch die Produktion, vor Alliierten Luftangriffen geschützt,
vorangetrieben werden. In den letzten Kriegswochen musste die Produktion aber eingestellt werden und die Gefangenen wurden zu Schanzarbeiten rund um Neubrandenburg gezwungen. Misshandlungen durch
SS-Aufseherinnen und die Wachmannschaften waren alltäglich. Bis heute liegen keinerlei genaue Zahlen darüber vor, wieviele Gefangene in Neubrandenburg verstarben. Ein Großteil der kranken
KZ-Häftlinge wurde in das KZ Ravensbrück deportiert und verstarben dort.
Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Neubrandenburg am 29.April 1945 ohne Widerstand von der Roten Armee eingenommen. Der Einmarsch der Roten Armee brachte der Stadt viel Unheil,
so wurde die historische Altstadt fast komplett zerstört und Brandschatzung betrieben.
„Die Verantwortung der Roten Armee für die Brandschatzung versuchte die SED-Propaganda
in der Nachkriegszeit durch vielfältige Legenden zu vertuschen. So hieß es beispielsweise, dass sich in der Innenstadt einige Einheiten der Wehrmacht verschanzt hätten und die Stadt eine
Kapitulation verweigerte (die Verteidigung der Stadt erfolgte durch das SS-Fallschirmjägerbataillon 600) oder dass der Umstand maßgeblich gewesen sei, dass Neubrandenburg die Geburtsstadt von
Otto Ernst Remer war. Die moderne Stadtgeschichtsforschung konnte all diese Aussagen inzwischen zweifelsfrei als Propagandalügen belegen.“
Quelle: Wikipedia
Der Neuaufbau des Stadtkerns erfolge ab 1952 bis in die frühen 1960er Jahre und veränderte das Stadtbild grundlegend. Das historische Straßenraster jedoch wurde weitgehend beibehalten. Die
meisten Wohngebäude stammen heute aus der Zeit der DDR und orientierten sich am Stil des sozialistischen Klassizismus.
Wehranlage & Stadttore
Nimmt man sich mal etwas Zeit kann man an dem etwa 2.300 Meter langen und 7 Meter hohen Stadtmauerring entlangspazieren und die vier Stadttore, den Fangelturm und die Wiekhäuser bewundern.
Starten wir unseren Wallrundgang am:
Stargarder Tor
Das Stargarder Tor ist irgendwie auch „mein“ Tor und mir am vertrautesten von alle vieren. Durchkeines der anderen Tore bin ich öfter gelaufen als durch dieses.
Das Haupttor des Stargarder Tores wurde im Jahre 1311 im Stil der norddeutschen Backsteingotik erbaut und ist stolze 24 Meter hoch,. Das Alter des Tores konnte durch umfangreiche Untersuchungen
bestimmt werden. Die Höhe des Vortores beträgt 18 Meter. Beide Tore wurden mit 40 Meter langen Zwingmauern miteinander verbunden, in welche das Zollhaus integriert wurde. Ein schützendes Vorwerk
bildeten die beiden Mühlen welche vor dem Tor erbaut wurden, von ihnen ist heute nur noch die Lohmühle erhalten, sie dient heute als Gaststätte.
Betrachtet man das Tor von der Stadtseite kann man neun Terrakotta-Figuren mit geöffneten Armen entdecken. Derartigen Schmuck trägt auch das Neue Tor. Leider ist über die Symbolik und das Alter
der Figen nichts gekannt. Namensgebend ist die noch heute in südlicher Richtung des Tores liegende Stadt Stargard (heute Burg Stargard).
Ich starte meinen Wallrundgang also am Stargarder Tor und gehe weiter in Richtung Neues Tor.
Die Wallanlage besteht aus einem Doppelwall mit 3 Gräben, welche ursprünglich mit Wasser gefüllt waren. Die Wälle sie etwa 20-30 Meter voneinander entfernt. Zwischenzeitlich, als die Güter knapp
wurden in Hungerzeiten und Kriegen, diente die Wallanlage mit ihren Gräben sogar als Fischteich. Ebenso wurde Holz gerodet und das Vieh durfte ebenfalls hier grasen.
Neues Tor
Das Neue Tor befindet sich auf der Ostseite der Stadt und wurde im Stil der norddeutschen Backsteingotik erbaut. Dieses Tor wurde als letztes der vier Stadttore, im 15. Jahrhundert errichtet und
ist somit das „neue“ Tor.
Es sollte die Hauptverkehrswege etwas entlasten. Zunehmende
„Verkehrsdichte“ war also früher schon ein Thema.
Der gesamte Torkomplex bestand im Ursprung aus Haupttor, Vortor und Zingel (Befestigung). Das Vortor wurde jedoch im Jahre 1852 wegen Baufälligkeit abgerissen und der Zingel fiehl der Belagerung
Tillys (1631) zum Opfer. Wie bereits erwähnt schmücken auch das Neue Tor von der Stadtseite in den Giebelnischen acht Terrakotta-Figuren die Adorantinnen. Unterschied zu den Figuren am Stargarder
Tor ist jedoch die Armhaltung und die Länge der Gewänder. Leider ist über die Symbolik und das Alter der Figen nichts bekannt.
Wiekhäuser
Neubrandenburg besitzt noch heute 25 von ehemals 56 Wiekhäusern. Der Name leitet sich vom frühneuhochdeutschen Wort Wiek für Ausweichen ab, eine andere Ableitung bezieht sich auf das
mittelhochdeute Wort "Wic" für Kampf. Beide Möglichkeiten sind sehr wahrscheinlich, denn Wiekhäuser dienten in ihrem Ursprünglichen Sinn zur Abwehr von Feinden. In regelmäßigen Abständen wurden
sie in die Stadtmauer eingebaut und trugen somit zur Stabilität und Erhöhung bei.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurden die Wiekhäuser provisorisch zu kleinen Wohnhäusern umgebaut. So sorgte man seit dem 17. Jahrhundert auf diese Weise dafür, dass der mittelalterliche
Mauerring um die Stadt intakt blieb und zugleich Wohnraum geschaffen wurde für Angehörige unterer sozialer Schichten der Stadtgesellschaft.
Im 19. Jahrhundert gerieten die Wiekhäuser etwas in „Vergessenheit“, sie verfielen, wurden abgerissen oder brachen zusammen. Die heute an der Neubrandenburger Stadtmauer befindlichen Wiekhäuser
wurden seit den 1970er Jahren errichtet und sind bereits die 3. Generation. Wirklich original sind an fast allen heutigen Wiekhäusern deshalb nur noch ihr Standort und das Mauerwerk im
unteren Bereich.
Friedländer Tor
Die heutige B 104 welche nach Friedland führt ist Namensgebend gewesen für das Friedländer Tor, welches ebenfalls in der ersten Hälfe des 14. Jahrhunderts im Still der norddeutschen
Backsteingotik errichtet wurde.
In Richtung Pommern sollte das Tor die Stadt schützen. Es wurde als Torburg mit 88 Metern Gesamtlänge ausgebaut. Im
Dreißigjährigen Krieg wurde es von General Tilly stadtseitig erstürmt, nachdem sich die kaiserlichen Truppen durch einen Mauerdurchbruch neben dem Tor Zugang zur Stadt verschafft hatten. Das
Friedländer Tor ist für mich das imposanteste und schönste der Vier Tore.
Es besteht aus Haupt- und Vortor, welche mit zwei Mauern verbunden sind. Die Fachwerkbauten zwischen den beiden Toren, sind die ehemaligen Torschreiber- bzw. Zoll- und Zingelwärterhäuser.
Ebenfalls erhalten geblieben ist der acht Meter hohe Zingel vor der Doppeltoranlage. Er wurde kurz vor dem Dreißigjährigen Krieg errichtet um die Toranlage zusätzlich zu schützen. Der Bau
verfügte auf der Stadtseite über tiefe Stichbogennischen und feldseitig war er mit Schießscharten versehen. Die ehemals verbindenden Zwingermauern zum Tor wurden im 19. Jahrhundert abgebrochen.
Die 2,3 Kilometer lange und 7,5 Meter hohe Stadtmauer war bis Ende des 19. Jahrhunderts vollständig geschlossen und die Stadt konnte nur durch die vier Tore erreicht werden. Im Zuge des
Eisenbahnanschlusses, welchen Neubrandenburg um 1864 bekam, wurde der Mauerring in Höhe des Bahnhofes geöffnet.
Fangelturm
Einer der beiden Wehrtürme die im 15. Jahrhundert zur Abwehr von Feinden errichtet wurde, kann noch heute besichtigt werden. Der zweite und auch höhere Turm befand sich in der Turmstraße, stützte
jedoch wegen Statik Problemen im Jahre 1899 ein. Der noch bestehende Turm wird auch
Mönchturm genannt, auf Grund der Nähe zum Franziskanerkloster und befindet sich im nördlichen Teil des Stadtzentrums. Bis in das 20. Jahrhundert wurde der Turm,
wie der Name verrät, als Stadtgefängnis genutzt. Ziemlich schwer zu entkommen, bei einer Höhe von 25 Metern und einer Wanddicke von 2,30 Metern am Fuße des Turms. Zudem ließ sich der Turm nur
über einen Eingang in sechs Metern Höhe erreichen.
Im kuppelartigen inneren des Gebäudes befindet sich eine runde Öffnung von etwa 70 Zentimetern Durchmesser. Diese Öffnung, das sogenannte „Astloch“ war der einzige Zugang zu dem
Gefangenenverlies. Die Gefangen bekamen durch diese Öffnung Lebensmittel und es war auch die einzige Luft- und Lichtquelle. Da es keine weiteren Zugänge zu dem Turm gab, kann man sich auch
vorstellen, wie die Gefangen selbst in ihr Verließ kamen, nämlich genau durch diese Öffnung.
Sein heutiges Aussehen als dreigeschossiger Backsteinturm und Zinnenkranz erhielt der Turm bei seiner Rekonstruktion im 19. Jahrhundert.
Beim erkunden der Wallanlage könnte man auf Arzneipflanzen stoßen, welche davon zeugen, dass der Wall schon früher als Hausapotheke- und garten diente. 1824 wurde die Wallanlage als
Stadtpromenade
hergerichtet. Teilweise 300 Jahre alte Eichen gehören ebenso zum Bild des Walls, wie auch der "seltsame Lauch" dessen Zwiebelgewächs im Frühjahr große Flächen mit einem aromatischen Duft
versetzt.
Treptower Tor
Das Treptower Tor wurde, wie auch die anderen drei „alten“ Stadttore im Stil der norddeutschen Backsteingotik in der Mitte des 14. Jahrhunderts erbaut. Mit einer Höhe von 31,8 Metern ist es das
höchste der vier Stadttore und somit wohl auch das repräsentativste. Es dokumentiert am augenscheinlichsten den Wohlstand des mittelalterlichen Neubrandenburgs und den Stolz seiner Bürger jener
Zeit.
Zu diesem Gemäuer gehört ein Vortor, ein Fachwerkhaus, welches aber erst im 18. Jahrhundert für den Torwärter und den Steuereinnehmer errichtet wurde und das 1856 eingerichtete Telegraphenamt. Im
Jahre 1271 wurde erstmals die Vierrademühle erwähnt, welche vor dem Tor erbaut wurde, diese war durch Mauern und andere Bollwerke mit der Treptower Toranlage verbunden.
Ebenso wie bei den anderen zwei „alten“ Stadttoren bezieht sich der Name des Tores auf die damalige Landstraße zum nächsten Ort, dies ist in diesem Falle Altentreptow. Bereits seit dem Jahre 1872
befandet sich im Haupttor das Regionalmuseum Neubrandenburg und war hier ansässig bis zum Jahre 2013. Heute kann man sich in den Ausstellungsräumen im Treptower Tor über die
Ur- und Frühgeschichte der Region kundig machen. Das Regionalmuseum ist indes in die neuen Räume im alten Kloster gezogen und wartet von Zeit zu Zeit mit interessanten Sonderausstellungen
auf. Wer also mehr über die Stadt erfahren will sollte sich die liebevoll gestaltete Ausstellung anschauen.
Innenstadt
Machen wir uns also auf in die Innenstadt von Neubrandenburg.
Hier gibt es eine Menge zu entdecken.
Neben vielen Einkaufsmöglichkeiten bietet sie auch Bars und Cafès die zum verweilen einladen.
Hat man genug geshoppt kann man das Franziskaner Kloster besichtigen.
Oder auch ein Stück im Schauspielhaus genießen.
Marienkirche
Zeitnah mit der Stadtgründung wurde auch mit dem
Bau der Marienkirche begonnen. Vorerst bestand die Kirche wahrscheinlich aus Holz, daraus wurde 1270 eine aus Granitquadern gemauerte Pfarrkirche. Der Bischof von Havelberg weihte den Hauptaltar
um 1298 ein. Im Laufe des 14. Jahrhunderts wurden dann das Kirchenschiff und der Turm errichtet.
Ein wirklich imposantes Bauwerk:
Der Kirchturm ist 90 m hoch und der frühere Gewölbescheitel im Mittelschiff befand sich in 18,5 Metern Höhe. Das Innere des Kirchenschiffes ist 22,4 Meter lang und 53,6 Meter breit. Die
angewandte Maßwerkarchitektur in Backstein wurde erstmals bei dem Bau der Marienkirche angewandt und verbreitete sich von hier aus in den gesamten norddeutschen Raum.
Im Laufe der Jahre musste das alte Gemäuer viel über sich ergehen lassen.
1591 – ein Sturm bringt die Turmspitze zu Fall
1614 – Stadtbrand
Dreißigjähriger Krieg – Kaiserliche Truppen zerstören Teile der Kirche bei ihrer Besetzung
1655 – Blitzeinschlag in den Turm, Zerstörung des Geläutes und der Kirchturmuhr
1676 – Turm stürzt bei Stadtbrand auf Mittelschiff, es musste was vollständig abgetragen werden
Neubrandenburg war zu diesem Zeitpunkt der Geschichte eine arme Stadt und so konnte man sich nur eine behelfsmäßige Reparatur leisten und ersetzte das Gewölbe durch einen Bretterboden. Ein
Gottesdienst war erst im Jahre 1694 wieder möglich.
1832 erhielt die Kirche, nach einer mehrjährigen Bauphase, dann ihr heutiges Äußeres. Diese Mühen wurden dann in den letzten Tages des zweiten Weltkriegs abermals zerstört.
Am 29. April 1945 brannte die Kirche bis auf ihre 4 Außenmauern und die Turmmauern vollständig aus. An einen Wiederaufbau war zu diesem Zeitpunkt
nicht zu denken, es fehlten die Mittel.
Ganze 25 Jahre später, im Jahre 1970 wurde darüber nachgedacht die Kirchenruine ganz abzureißen, dies wurde jedoch bald verworfen.
1975 wurden wieder Pläne für den Neubau geschmiedet, nachdem die Stadt die Liegenschaft der Kirche erwarb, es entstand eine Konzerthalle und Kunstgalerie. Nach der Wende kam der Wiederaufbau
jedoch abermals ins Stocken, bis sich schließlich 1996 nach langem hin und her für einen kostengünstigeren Entwurf des Architekten Pekka Salminen entschieden wurde.
Die Bauarbeiten waren 2001 abgeschlossen und die Konzertkirche wurde mit einem Eröffnungskonzert des Philharmonischen Chores Neubrandenburg festlich eingeweiht. Der Wiederaufbau hatte
seinen Preis, ganze 31 Millionen DM wurde investiert, wovon 20 Millionen allein die Stadt trugen.
St. Johannis
Zwar ist die Marienkirche von außen die schönste und imposantere, aber von innen kann sie St. Johannis nicht das Wasser reichen.
Um 1260 wurde St.Johannes zusammen mit der Klosteranlage errichtet und gehörte bald zu den regional bedeutendsten Chorarchitekturen. Im Herbst 1989 fanden hier die Friedensgebete statt und
die Kirche war Ausgangspunkt für die Demonstrationen der Friedlichen Revolution in der ehemaligen DDR. Direkt an die Kirche schloss sich das ehemalige Kloster an, dieses ist jedoch heute nur noch
in Teilen original erhalten und beheimatet heute das Regionalmuseum.
Marktplatz & HKB
Für mich schon immer Anziehungspunkt und „zuhause Gefühl“, denn den „Kultur Finger“ wie er umgangssprachlich auch genannt wird, sieht man schon von weitem, wenn man in die Stadt hineinfährt.
Nach dem zweiten Weltkrieg lagen 80 Prozent der Innenstadt Neubrandenburgs in Trümmern. Beim Wiederaufbau wurde das Kulturzentrum geplant und 1963 mit dem Bau begonnen. Die Baukosten betrugen
damals 13 Millionen DDR Mark.
Mit seinen 56 Metern Höhe gehört er zu den Bauten, welche das Stadtbild prägen und wurde 2014 umfassend saniert. Der Turm steht an der Südseite des HKB’s (Haus der Kultur und Bildung), dies ist
das kulturelle Veranstaltungszentrum der Stadt und ist bis heute ein bedeutendes Zeugnis der Architektur der DDR.
Mudder Schulten Brunnen
Mudder Schulten hieß eigentlich Christine Dorothea Schulz und wurde als Tochter eines Fleischermeisters am 14.11.1727 in Neubrandenburg geboren. Sie wurde die Frau von Jacob Heinrich Schulz,
welcher Bäcker in Neubrandenburg war.
Das Ehepaar war der „Brot- und Stutenlieferant“ des damaligen Herzogs Adolph Friedrich IV. von Mecklenburg – Strelitz.
Der Herzog nahm es aber mit der Bezahlung seiner Waren nicht all zu genau und so kam nach einer Zeit eine gute Summe zusammen die er dem Bäckerehepaar schuldete.
Mudder Schulten forderte ihn mehr als einmal auf seine Schulden zu begleichen, dieser versprach es aber hielt nicht Wort. Daraufhin bat sie ihren Mann Krischan die Rechnung zu schreiben, welche
die resolute Bäckerfrau dem Herzog auf dem Marktplatz vor aller Augen präsentierte. Der Herzog war ungehalten und bezeichnete Mudder Schulten als "impertinentes Frauenzimmer“ und schlug ihr
die Rechnung aus der Hand.
So oder so ähnlich wird es sich zugetragen haben und zeigt, dass sich auch schon damals die „kleinen“ Leute gegen die Obrigkeiten aufgelehnt haben um für ihr Recht einzustehen.
Mit dem Werk „Dörchläuchting“ hat der Schriftsteller Fritz Reuter ihr ein literarisches Denkmal gesetzt und der Bildhauer Wilhelm Jäger setzte 1923 der couragierten Bäckersfrau ebenfalls ein
Denkmal, indem er einen Brunnen mit der Marktszene fertigte. Und wer genau wissen möchte wie viele Schulden der Herzog bei Mudder Schulten und ihrem Mann hatte kann sogar die Originalrechnung im
Regionalmuseum anschauen.
Naherholung
Kulturpark
Südlich des Stadtzentrums befindet sich der
Kulturpark. Er erstreckt sich vom Nordufer des Tollensesees bis zum Friedrich-Engels-Ring.
Ursprünglich war das Gebiet ein sumpfiges und nahezu unpassierbares Gelände und diente der Stadt im Mittelalter als natürlicher Schutz gegen Angreifer. 1830 wurde damit begonnen am Ufer des
Tollensesees erste Badeanstalten zu errichten. Die Promenade von der Gothe Straße zum Badehaus wurde erst um 1904 gezogen.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurden große Mengen des Schutts, welche beim Wiederaufbau anfielen, in den Werderbruch (heutiger Kulturpark) gebracht.
Erstmals erwähnt wurde der Kulturpark im Jahre 1956 und bis zum ersten Spatenstich sollten noch 13 Jahre vergehen. Um das Gelände ansehnlicher zu machen wurden 165.000 Kubikmeter Boden
aufgeschüttet und ein etwa zehn Hektar großes Gelände erschlossen. Es wurden Promenaden, Wiesen, Stauden- und Moorbeetgärten und Spielplätze angelegt. 1969 wurde im südlichen Teil des Parks die
Stadthalle eingeweiht. Später wurde das Jahnsportforum (1996) gebaut, eine für ihre Zeit moderne Mehrzweckarena in der Sportveranstaltungen, Konzerte und andere Veranstaltungen stattfinden.
Tollensesee
Wie bereits erwähnt liegt der Tollensesee südlich
der Stadtmitte und ist Naherholungsziel Nummer eins. Im Sommer lädt er mit vielen Badestellen zum Baden im kühlen Nass ein und im Winter kann man (so Petrus will) auf ihm Schlittschuhfahren und
die Natur genießen.
Mit einer Tiefe von 31,2 Metern und einer Gesamtfläche von 17,9 Quadratkilometern ist er der siebte größte See in Mecklenburg Vorpommern.
Der Name des Sees leitet sich vom slawischen Wort „dolenzia“ ab und bedeutet Talniederung. Es ranken sich auch Mythen im den Tollensesee, so wird das Heiligtum Retha im südlichen Teil des Sees
vermutet. Es wurden zahlreiche Versuche unternommen Retha genauer zu lokalisieren und man fand tatsächlich bei einer Ausgrabung massive Kulturschichten aus der slawischen Zeit.
Der See diente leider nicht immer nur als Erholungsort.
In den Jahren 1941 und 1942 wurde beschlossen eine Torpedoversuchsanstalt (TVA) zu bauen. Die Wahl fiel auf Neubrandenburg, weil es weit im Landesinneren liegt und Schutz vor Spionage und
Bombenangriffen bot. Es entstanden 18 Gebäude mit Zubringergleisen zum Neubrandenburger Bahnhof. Noch heute kann man Teile der alten Gebäude finden. Natürlich wurde das Gelände damals zum
Sperrgebiet erklärt und erstreckte sich vom Nemerower Holz über die Straße „Am Augustabad“ zur Lindenstraße bis hoch zur heutigen B96 und der Gätenbach bildetete die natürliche Grenze im Westen.
Im Jahre 1942 mussten Zwangsarbeiter in dem See eine Insel errichten, damit auf ihre die Außenstelle der Torpedoversuchsanstalt der Kriegsmarine errichtet werden konnte.
Um die Treffsicherheit der Torpedos zu testen konnten sie auf der 8 Kilometer langen Teststrecke sowohl unter als auch über Wasser abschossen werden. Zudem war die Insel mit einer Brücken- und
Stegkonstruktion mit dem Festland verbunden.
Mit dem Näherrücken der roten Armee wurde der Unterwasserteil der Insel geflutet und der Rest des Gebäudes in Brand gesteckt.
Später wurden die Ruine und der Rest der künstlichen Insel gesprengt. Heute liegen die Reste der Versuchsanstalt unter Wasser.
Das Gelände der alten TVA wurde ab 1952 wieder militärisch genutzt. Nun entstand dort das Reparaturwerk Neubrandenburg, kurz RWN. Hier sollten alle Reparaturen an Kettenfahrzeugen des Militärs
der DDR vorgenommen werden. Zu Beginn waren dort 160 Personen beschäftigt, im Jahre 1978 waren es dann schon 2278 und 1980 arbeiteten im RWN bis zu 5000 Personen. Nachdem auch Aufträge aus den
anderen Staaten des Warschauer Pakts und dem Irak angenommen wurden, waren Erweiterungen nötig und so wuchs das Werk zu einer der wohl größten seiner Art in Europa an. Ebenso wurde eine
Teststrecke für die Panzer entlang des Tollensesees angelegt, diese befindet sich im Nemerower Holz und war damals für die „normale Bevölkerung“ natürlich unzugänglich, so wie auch das komplette
Gebiet des RWN. Später wurden auf dem Gelände des RWN die Fahrzeugwerke Neubrandenburg angesiedelt, welche im Jahr 2001 geschlossen werden mussten auf Grund mangelnder Aufträge.
Heute befinden sich auf dem Gelände diverse Unternehmen, Gaststätten und der Yachthafen. Auch das Sperrgebiet wurde nach 1990 wieder freigegeben und das Strandbad „Augustabad“ war wieder
zugänglich für die Bevölkerung Neubrandenburgs.
Belvedere
Südlich des Dorfes Broda, am nordwestlichen Steilufer des Tollensesees, ließ Herzog Adolf Friedrich IV. im Jahre 1775 ein Sommerhaus errichten und nannte es Belvedere. Später wurde dies wieder
abgetragen und in der Beguinenstraße in Neubrandenburg wieder aufgebaut. Am Standpunkt des alten Belvedere ließ knapp 100 Jahre später Großherzogin Marie ein neues Haus in Form eines
Tempels errichten. Wieder gingen die Jahre ins Land bis der nächste Umbau kam, denn 1934 wurde Belvedere zu einer
Gedenkstätte für die Gefallenen des zweiten Weltkriegs umgebaut, diese besteht jedoch heute nicht mehr. Übersetzte bedeutet Belvedere im übrigen „schöne Aussicht“ und die hat man wahrlich, das
ist ein Ort der nicht nur bei schönem Wetter einen Ausflug lohnt.
Behmshöhe / Nemerower Holz
Im 19. Jahrhundert erkannte man auch schon, dass Tourismus gefördert werden müsse. Das Kurhaus Augustabad im Nemerower Holz wurde mehr und mehr zu einem beliebten
Ausflugsziel für die Neubrandenburger und Besucher von Außerhalb. So beschloss man 1897 den Bau eines Aussichtsturms um die Gegend noch attraktiver zu gestalten. 1905 wurde der Turm mit einem
Fest eingeweiht.
Mit einer Höhe von 34 Metern bietet er eine perfekte Sicht über den Tollensesee, Teile der Stadt und wenn man ganz genau hinsieht, kann man von hier aus auch
Belvedere sehen.
Zu Ehren des 1596-1631 regierenden Bürgermeisters Erasmus Behm, wurde der Turm und auch die Anhöhe auf der er steht, nach ihm benannt. Der Bürgermeister wurde
getötet als im dreißigjährigen Krieg die Truppen von General Tilly die Stadt eroberten.
Nach dem zweiten Weltkrieg als die Ressourcen knapp waren wurde die hölzerne Treppe als Feuerholz abgetragen. Später wurde das Nemerower Holz Teil des
militärischen Sperrgebiets für die Torpedoversuchsanstalt und der Turm zerfiel nach und nach.
Nach der Wende wurde das Sperrgebiet aufgehoben, die Restaurierung des Turmes fand 1995 statt und seitdem kann er wieder besichtigt und erklommen werden.
Hinterste Mühle
An der Stadtgrenze und doch irgendwie mitten drin liegt die „Hinterste Mühle“. Gelegen im Landesschutzgebiet Lindetal ist die Hinterste Mühle ein naturnahes Ziel für Familien und
Erholungsuchende. Der dazugehörige Mühlenteich ist Ausgangspunkt vieler Wanderwege, welche oft und gern von Erwachsenen wie Kindern und Schulklassen genutzt werden, dies bereits seit dem 19.
Jahrhundert. Die Hinterste Mühle biete neben einem kleinen Streichelzoo auch Veranstaltungen, Seminar, ein Ferienlager und vieles, vieles mehr.